Statement

Investieren, aber richtig: Warum der Klimaschutz bei Deutschlands Zukunftsinvestitionen mitgedacht werden muss

Statement zum Koalitionsvertrag

Mit dem neuen Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung viel vorgenommen. Über 500 Milliarden Euro sollen in Infrastruktur, Digitalisierung, Verteidigung und Wirtschaftskraft fließen. Es soll ein kraftvolles Signal sein: Deutschland will gestalten, nicht nur verwalten. Der Fokus liegt dabei klar auf Modernisierung und Wettbewerbsfähigkeit – verständlich angesichts wachsender Unsicherheit, geopolitischer Spannungen und wirtschaftlicher Stagnation. Doch wer heute Milliarden in Beton und Technik steckt, muss sich für morgen die Frage stellen: Wurde dabei die Infrastruktur auch zukunftsfähig gestaltet?

Zukunftssicherheit heißt: nicht nur bauen, sondern weiterdenken

Klimaschutz steht zwar nicht im Mittelpunkt des Koalitionsvertrag, ist aber mit dem Bekenntnis zu den Klimazielen ein Kernbaustein künftiger Politik. Zusätzliche Ziele wie wirtschaftliche Resilienz, Verteidigungsfähigkeit und digitale Souveränität bekommen als neue Aufgaben größere Sichtbarkeit. Insbesondere bei der Ausrichtung von Infrastrukturentscheidungen müssen diese Ziele gemeinsam berücksichtigt werden –als Fundament um die langfristigen Politikziele Deutschlands und Europas konsistent zu verfolgen und die künftige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Andere Herausforderungen dominieren aktuell zwar die mediale Diskussion, dennoch ist das „Klimaproblem“ für Europa nicht kleiner, sondern größer geworden, wie gerade der Zustandsbericht des EU-Klimadienstes Copernicus gemeinsam mit der Weltorganisation für Meteorologie eindrucksvoll zeigt. Europa sei der sich am schnellsten erwärmende Kontinent, und die beginnenden Folgen mit Hitzestress, Fluten und Dürren in Europa sind bereits heute deutlich spürbar.

Langfristige Investitionen und umfassende Reinvestitionen in Straßen, Energieinfrastrukturen, Gebäude und Produktionsanlagen, die heute geplant werden, prägen unser Land für Jahrzehnte und haben so fundamentale Folgen für Energie, Klima und Nachhaltigkeit. Wird dabei direkt oder indirekt auf fossile Technologien gesetzt, die uns den Übergang zur emissionsarmen Wirtschaft erschweren, entstehen möglicherweise Investitionsruinen von morgen – mit hohen Folgekosten für Unternehmen, Bürger/-innen und Staat.

Klimaschutz als Standortfaktor

Was oft übersehen wird: Investitionen mit Klimafokus sind kein allein moralisches Anliegen mehr – sie sind oft auch ökonomisch sinnvoll. Wer heute in energieeffiziente Gebäude, saubere Mobilität und grüne Industrieprozesse investiert, senkt langfristig Kosten, vermeidet Konflikte mit absehbarer Regulierung und macht sich regelmäßig unabhängiger von globalen Krisen. Deutschland in Europa ist hier wegen zögerlichen und unsicheren Politikmaßnahmen in vielen Bereichen bereits in den Rückstand gegenüber dem globalen Wettbewerber China gefallen, der mit klaren innovations- und energiepolitischen Zielen und Maßnahmen bei Schlüsseltechnologien wie Batterien, Solarenergie und Elektromobilität die weltweite Technologieführerschaft übernommen hat. Hier besteht dringender Bedarf mit klaren Zielen, Governance und Politikmaßnahmen den innovativen Unternehmen Zukunftsperspektiven zu bieten.

Was der Koalitionsvertrag bietet – und was noch fehlt

Der Koalitionsvertrag schafft mit Instrumenten wie dem Klima- und Transformationsfonds, dem Deutschlandfonds und dem Sondervermögen für Infrastruktur die Grundlage für große Schritte. Doch es fehlen klare Strukturen, um Zukunftsinvestitionen nachhaltig, robust und anpassungsfähig zu gestalteten. Konkret heißt das:

  • Die Investitionen können ihre Wirkungen für die Volkswirtschaft, den Klimaschutz und die Sicherheit nur zusammen mit einem wirksamen ordnungsrechtlichen Rahmen entfalten. Auch C02-Bepreisung, Strommarktdesign, Gebäude- und Produktstandards müssen mit dem Politikzielen in Einklang stehen.
  • Für die Koordination und Umsetzung der Maßnahmen durch Verwaltung und Volksvertreter auf EU-, Bundes-, Landes- und Gemeindeebene ist es wichtig, die Ziele klar und wo möglich messbar zu benennen. Hier kann auf die Erfahrung vieler Unternehmen zurückgegriffen werden, die sich auch für Klimaschutz und Resilienz klare Ziele setzen, damit im Unternehmen alle an einem Strang ziehen. Mithilfe der Ziele kann dann Erfolg gemessen und wenn nötig nachgesteuert werden. Hier gilt es, die in der EU 2030 Governance Verordnung verankerten Ziele für einzelne Sektoren zu nutzen und weiterzuentwickeln.
  • „Investitionsklima“ statt Detailregulierung: Der Staat kann und sollte nicht jedes Projekt zentral steuern. Aber er kann durch Förderbedingungen und durch Weiterentwicklung der administrativen Anforderungen Innovationsanreize schaffen, in denen sich Klimaschutz und Wirtschaftsförderung ergänzen. Es ist verständlich, dass viele eine Vereinfachung der Klimaberichterstattung fordern. Doch dabei darf nicht übersehen werden, dass bestimmte Informationen für Strukturwandel, Risikomanagement und Transitionsfinanzierung unverzichtbar sind. Diese Elemente sollten nicht gestrichen, sondern gezielt herausgearbeitet werden – etwa in Form von Transitionsplänen.
Fazit: Richtung der Investitionen „nachschärfen“

Der neue Koalitionsvertrag gibt einen richtigen Ton vor: mehr investieren, schneller umsetzen, Wirtschaft und Souveränität stärken. Doch die Richtung dieser Investitionen muss mit Blick auf Klimaneutralität, Energieunabhängigkeit und Zukunftsfähigkeit nachgeschärft werden. Sonst laufen wir Gefahr, heute Milliarden auszugeben – und morgen nochmal zahlen zu müssen.

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