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MiFID II: Fluch oder Segen? Wie gut funktioniert die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenz in der Praxis?

Datum: 04. November 2022 Ort: DIW Berlin und virtuell via Webex Art: Stakeholder-Workshop

Stakeholder-Workshop am 4. November 2022

Auf Einladung des Lehrstuhls für Sustainable Finance der Universität Kassel kamen im Rahmen eines Stakeholder-Workshops der Wissenschaftsplattfom Sustainable Finance Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis im DIW Berlin zusammen, um sich zu aktuellen Forschungsergebnissen und ersten Praxiserfahrungen mit der MiFID II-Richtlinie auszutauschen.

Seit dem 2. August 2022 müssen die Anlageberater:innen gemäß der EU-Richtlinie MiFID II die Nachhaltigkeitspräferenz der Kleinanleger:innen abfragen und bei ihrer Produktempfehlung berücksichtigen. Laut Prof. Dr. Christian Klein war diese Verpflichtung dringend erforderlich. Studien seines Lehrstuhls zeigen, dass Kleinanleger:innen bereits zuvor an Nachhaltigen Geldanlagen interessiert waren, jedoch selten entsprechende Empfehlungen bekommen haben.

 

Zentrale Erkenntnisse aus dem Workshop sind:

  • Der Marktanteil nachhaltiger Publikumsfonds in Deutschland liegt deutlich unter dem EU-Durchschnitt.
  • Entgegen der Erwartungen ist der Anteil der Kleinleger:innen, die eine Nachhaltigkeitspräferenz angeben, erschreckend gering. Es muss dringend erforscht werden, warum dies der Fall ist – ob es z.B. daran liegt, dass Abfrage sehr technisch ist.
  • Die Wahrnehmung von Greenwashing lässt sich auf eine schlechte Kommunikation zurückführen: Es wird nicht sauber unterschieden zwischen „Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigen“ und „Impact Investing“.
  • Die fehlende Datenverfügbarkeit macht es für Produkthersteller schwer bis unmöglich, Geldanlagen mit einem ausreichend hohen Mindestanteil taxonomiekonformer Investitionen zu konzipieren. Auch die Konzeption von „Artikel 9-Produkten“ wird erschwert. Zudem sind kaum Daten zu bestimmten Principal Adverse Impacts-Indikatoren vorhanden.

Als offene Fragen wurden identifiziert:

  • Wie kann die Anlageberatung die MiFID II-Vorgaben erfüllen, ohne Kleinanleger:innen zu überfordern?
  • Stellt die Anlageberatung überhaupt die richtigen Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage gemäß MiFID II?
  • Was können wir tun, um die Sustainable Financial Literacy der Kleinanleger:innen und der Berater:innen zu erhöhen?
  • Mit Nachhaltigen Geldanlagen sollten keine falschen Erwartungen geweckt werden. Es sollte klar kommuniziert werden, welche Wirkung erzeugt werden kann. Geht es darum Nachhaltigkeitsrisiken im Portfolio zu reduzieren oder tatsächlich einen Beitrag zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen zu leisten?

Die Workshop-Organisator:innen (Thomas Cauthorn, Julia Eckert, Gunnar Gutsche, Lisa Knob, Franziska Schütze und Bastian Tittor) bedanken sich bei allen Workshop-Teilnehmer:innen für die wertvollen Inputs und Diskussionsbeiträge. Es ist bereits eine Fortsetzung im Jahr 2023 angedacht.

Foto: Wissenschaftsplattform Sustainable Finance
Foto: Wissenschaftsplattform Sustainable Finance
Foto: Wissenschaftsplattform Sustainable Finance
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